Tschö, Ole. Moin, Horst! – Ein neuer Weg für Werder Bremen?
- tfoerster90
- May 29
- 4 min read
Updated: May 31
1. Ein neuer Mann an der Seitenlinie – Wie kam es zum Trainerwechsel?
Als Werder-Fan war die vergangene Woche eine ziemliche Achterbahnfahrt der Gefühle. Montag kam die Meldung, dass Ole Werner seinen 2026 auslaufenden Vertrag nicht verlängert, bereits Dienstag die sofortige Trennung und Donnerstag die Verkündung des neuen Trainers Horst Steffen. Da war nicht viel Platz für Reflektion und Verarbeitung. Daher möchte ich dies hier einmal versuchen.
Werner hatte schon lange Unmut über die Kaderzusammenstellung und Transfers geäußert. Fritz und Niemeyer sind (zumindest öffentlich) wenig darauf eingegangen.
Was genau hinter den Kulissen schief gelaufen ist und wer wem welche Versprechungen gemacht hat, möchte ich hier nicht spekulieren.
Meine Lesart ist, dass hier zwei Visionen von Transfer- und Kaderpolitik aufeinandergetroffen sind, die langfristig nicht vereinbar waren. Ole Werners Streben nach kurzfristigen Erfolgen und Verstärkungen der Mannschaft und Werders Strategie sich mittel- und langfristig als Ausbildungsverein zu etablieren, der junge Spieler entwickelt und teuer verkauft, gegebenenfalls auf Kosten des kurzfristigen Erfolgs. Beide Ansichten sind legitim, aber mit den Möglichkeiten von Werder nicht gleichzeitig umsetzbar. Die Trennung war also früher oder später die logische Konsequenz. Denn zu Werners Schwächen zählten nunmal die Integration von jungen Spielern und das kurzfristige Einbinden von Neuzugängen in die erste Mannschaft. Das lässt sich sicher nicht leugnen, wenn man die Werder-Saisons unter ihm aufmerksam verfolgt hat. Er vertraute einem eingespielten Kern an Spielern, die größtenteils schon in der zweiten Liga bei uns waren ergänzt um einige (erfahrenere) Neuzugänge, die im Laufe der Erstliga-Jahre zu uns gekommen sind wie Jens Stage, Senne Lynen oder Marco Grüll. Junge Spieler wurden häufig nur in Situationen großer Personalnot eingesetzt und, wenn sie dann Fehler gemacht haben (Beispielsweise Malatini im DFB-Pokal gegen Arminia Bielefeld) waren sie danach oft außen vor. Über die Jahre konnten sich nur wenige U25 Spieler nachhaltig bei Werner durchsetzen. Dies liegt sicher auch an Werners Spielstil, der auf akribisch einstudierten Abläufen basiert. Selbst erfahrenere Spieler wie Jens Stage oder Senne Lynen brauchten eine halbe Saison um relevante Einsatzzeiten zu bekommen.
Ob Dies nun an der mangelhaften Qualität der Spieler oder der ausbleibenden Weiterentwicklung durch das Trainerteam lag, werden wir vermutlich erst beurteilen können, wenn wir diese Spieler unter dem neuen Trainerteam sehen.
Nur um das klarzustellen: Ole Werner war der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Er hat Werder in der zweiten Liga übernommen, spektakulär wieder in die erste Liga geführt und hie, wenn auch ohne die Krönung Europa, beeindruckend stabilisiert. Dafür gebührt ihm der uneingeschränkte Dank und Respekt eines Jeden, der es mit Werder Bremen hält. Die Trennung war in der Kommunikation sehr unrühmlich und es bleiben Fragezeichen bezüglich der Transfer- und Scoutingabteilung, die es im Nachhinein von den Verantwortlichen aufzuarbeiten gilt.
Man schien intern allerdings bestens auf den Abgang vorbereitet gewesen zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass man innerhalb weniger Tage die ausgerufene Wunschlösung präsentieren konnte: Horst Steffen.
Steffen ist in meinen Augen eine sehr vielversprechende Nachfolgelösung im Hinblick auf die langfristig Strategie des Vereins.
2. Warum Steffen zur Ausrichtung des Clubs passt?
Wenn wir über die neue strategische Ausrichtung von Werder Bremen reden, reicht es nicht die Transfers bei den Profis zu betrachten. Auch Transfers im Junioren-Bereich und infrastrukturelle Entscheidungen müssen in Betracht gezogen werden. Im Sommer 2024 holte man mit u.a. Patrice Covic (Hertha BSC), Karim Coulibaly (HSV), Stefan Smarkalev (Botev Plovdiv, 130.000 Euro Ablöse). Alle drei waren elementare Bestandteile der U19-Mannschaft und wichtig für den Pokalerfolg und die gute Liga-Runde. Auch diese Saison soll es wieder Zugänge von vielversprechenden U-Talenten geben. So wechselt laut Deichstube mit Mario Mbassi ein weiteres Top-Talent in die Bremer Jugend.
Darüber hinaus investierte Werder kürzlich 23 Millionen Euro in das Nachwuchsleistungszentrum und zusätzlich 19 Millionen Euro in neue und modernere Trainingsanlagen.
Die klare Absicht ist die Stars von Morgen auszubilden und hier an den Profilfußball heranzuführen um dann sportlichen Erfolg mit ihnen zu haben und Transfererlöse zu generieren. Das funktioniert natürlich nicht von Heute auf Morgen und ist ein langfristiges Projekt - Konträr zur Absicht von Werner kurzfristig Erfolge zu erzielen. Denn junge Spieler, die Heute der ersten Mannschaft weiterhelfen kosten viel Geld. Geld das Werder nicht hat.
Zusätzlich möchte man sicher Fälle wie Dinkci (jetzt Freiburg) und vor allem Woltemade (Jetzt Stuttgart...und DFB), dessen Abgang Verantwortlichen und Fans wohl auf Jahre traumatisieren wird, zukünftig vermeiden. Auch die Wahrscheinlichkeit von Fällen wie Osterhage, Stach und Undav, die alle den Sprung bei Werder nicht geschafft haben, sollen sicher minimiert werden. Jungen Spielern soll eine klare Perspektive aufgezeigt werden - Diese Perspektive hat nun einen Namen: Horst Steffen.
Steffen hat in den letzten Jahren bewiesen ein ausgewiesener Experte darin zu sein jungen Spielern den Druck zu nehmen und sie in kürzester Zeit an den Profifußball heranführen zu können. Elversbergs Geschäftsmodell besteht darin sich junge Top-Talente zu leihen und sie innerhalb von einem Jahr zu begehrten Profi-Fußballern zu machen: Nick Woltemade (...das letzte Mal, versprochen.), Paul Wanner, zuletzt Elias Baum, Muhammed Damar und nicht zuletzt Fisnik Asllani sind die prominentesten Beispiele. Darüber hinaus hat er es geschafft aus Dritt- oder Regionalligaspielern wie Jannik Rochelt, Carlo Sickinger, Luca Schnellbacher oder Maurice Neubauer in kürzester Zeit gestandene Zweitligaspieler zu formen. Er ist ein Spielerentwickler, der bewiesen hat, dass er aus wenigen Mitteln sehr viel herausholen kann und sich nicht scheut unerfahrene Akteure in das kalte Wasser zu werfen. Eigenschaften, die Werder meiner Meinung in der momentane Lage dringend benötigt um langfristig zu wachsen und die angestrebte Strategie erfolgreich umzusetzen
Ob seine Qualitäten auf der Bühne Bundesliga und in einem größeren, wenn auch im Vergleich sehr ruhigen Umfeld zu Vorschein kommen können und er von Clemens Fritz und Peter Niemeyer die nötigen Spieler für sein Offensivspiel zur Verfügung gestellt bekommt werden wir live erleben. Ich blicke allerdings optimistisch auf die Zukunft von Werder und Steffen.
Quellen:
Comments